
Diese Fackel scheint nun sehr schwer zu sein, denn es benötigt eine Menge Kraft sie zu tragen. Es ist nicht leicht den festen Boden unter den Füßen zu verlassen und sich darauf einzulassen frei auf alles was kommt zu reagieren. Eine starke bzw. passende Persönlichkeit ist dazu nötig. Menschen die bewusst Seite an Seite mit der sich ständig wandelnden Natur gelebt haben (und das überstanden haben), haben etwas Besonders an sich. Etwas Starkes und Eindrucksvolles. Als hätten all die tosenden Stürme, die Hitze und die Kälte, die Schönheit und die Gefahr einen Weg in ihr Innerstes gefunden, sodass sie nun durch in ihren Augen leuchten. Zen Meister Lin Chi wird oft mit einem durchdringenden, starken Blick dargestellt, als könne er durch die Dinge hindurch sehen, als hätte er ihre wahre Natur gesehen und wäre dadurch stärker geworden.
*Zitat aus Daniele Bolellis 'Daoist Lecture Series', die auf seiner Website erhältlich ist: danielebolelli.com
Diese Art Kraft hängt auch mit einem klaren Geist, einem klaren Kopf zusammen, was sich in der sehr direkten Art Lin-Chis zeigt: 'Wenn du hungrig bist iss, wenn du müde bist schlaf. Scheiß, piss und sei einfach ein Mensch!'* Das ist die Idee vom 'Mitgehen' auf ein Minimum reduziert. 'Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, jedoch nicht einfacher', wie Einstein es mal gesagt zu haben scheint. Es gibt keinen Grund sich darüber den Kopf zu zerbrechen was man am besten als nächstes tun sollte. Wenn man hungrig ist, dann isst man halt. Wenn man müde ist, dann geht man halt schlafen. Natürlich würden wir sagen, dass das nicht immer alles so einfach ist und vielleicht stimmt das ja auch. Aber wenn es um so einfache aber nicht minder wichtige Fragen geht, wie ob man jetzt dem dem Stier, der auf einen zu rennt ausweichen sollte oder nicht, scheint die Antwort auf einmal viel eindeutiger zu sein. Und der Kopf klarer. Daher kann es um im Kopf klar zu bleiben durchaus hilfreich sein, sich in der Natur bzw. der Wildnis aufzuhalten, denn ein klarer Kopf ist ein überlebender Kopf. Wenn du dich dazu entscheidest zu rennen, dann rennst du. Wenn du dich dazu entscheidest zu kämpfen, dann kämpft du. Nicht viel Raum für Diskussion. Das heißt natürlich nicht, dass Diskutieren und Nachdenken nichts weiter als schlechte Angewohnheiten sind, ganz und gar nicht, aber heutzutage könnten viele Menschen, mich eingeschlossen, von etwas mehr Klarheit profitieren. Oft bestimmen Unruhe und Sorge unsere Leben. Wir wissen nicht wofür wir uns entscheiden sollen und denken schließlich voller Angst davor, die falsche Entscheidung zu treffen so viel darüber nach, dass wir im Endeffekt überhaupt nicht mehr zum Handeln fähig sind. So kann uns eine Erfahrung mit der oft brutalen Realität lehren, dass eine spontane Reaktion mit klarem Geist und nicht zu viel Grübeln, oft die bessere und manchmal die notwendige Handlung ist. Auch wenn der Gedanke daran, spontan zu entscheiden uns vielleicht Angst macht. In solchen Situationen, wie z.B. mit oben erwähntem Stier, haben wir nicht einmal Zeit nachzudenken. Wir sind gezwungen zu Handeln und der Geist ist gezwungen still zu sein.
*frei übersetzte Version. von englisch: When hungry eat, when tired sleep. Shit, piss and just be human.
Ein klarer und 'erfrischter' Geist spielt auch bei Nietzsche eine große Rolle. Das folgende Beispiel stammt aus Nietzsches Meisterwerk Also Sprach Zarathustra. Zarathustra ist kein besonders großer Fan (sehr milde ausgedrückt) von übertrieben intellektuellen Menschen, die über ihren Büchern vergessen haben wie die Sonne aussieht.* Als Zarathustra ein weiteres mal von seinem Einsiedler-Heim in den Bergen zurückkehrt, muss er feststellen, dass scheinbar nichts, was er zuvor 'gepredigt' hatte zu den Menschen durchgedrungen war:
*Dabei will ich natürlich nicht behaupten, dass Nietzsche Lesen für Zeitverschwendung hält..sondern eher, dass er sich für etwas mehr Balance ausspricht. Bücher und Sonne, nicht entweder oder.
"Diese jungen Herzen sind alle schon alt geworden - und nicht alt einmal! nur müde, gemein, bequem - sie heißen es - 'wir sind wieder fromm geworden.' Noch jüngst sah ich sie in der Frühe auf tapferen Füßen hinauslaufen: aber ihre Füße der Erkenntnis wurden müde, und nun verleumden sie auch noch ihre Morgen-Tapferkeit!"
Von Nietzsches ständigem Kreuzzug (haha) gegen das Christentum einmal abgesehen, interessiert mich hier besonders Zarathustras 'Morgen-Tapferkeit'. Als Zarathustra die Menschen verließ, hatten sie den Mut nach draußen in die Kälte zu gehen und die starke, klare Luft zu atmen. Doch jetzt wollen sie wieder zurück ins Warme, wollen es bequem und gehen nicht mehr raus. Um hinausgehen zu können in des Morgens kühle Klarheit, muss man eine Flamme im Herzen tragen. Geh ohne Feuer zu lange nach draußen und du erfrierst.."Was bist du Narr vor Winters in die Welt entflohn?", wird es später bei Nietzsche heißen. Dieses Feuer, diese Wärme zeigt sich in jedem Atemzug und jedem Schritt. Eine pulsierende, lebendige Kraft führt durch die Kälte und macht den Kopf frei. Die stickige, heiße Luft von überfüllten Räumen bietet nicht genug Platz für die Entfaltung von Körper und Geist. Draußen, in der wilden, sich ständig ändernden, erfrischend kühlen Realität hält sich solch ein Mensch auf. Sich aller Gefahr bewusst, ist er oder sie nur stärker geworden, anstatt ängstlicher. Sich der Natur bewusst sein und mit ihr stärker werden kann eine Person verändern. Daniele Bolelli zitiert in seinem Buch On the Warrior's Path dazu passend Werner Herzog:
"My steps are resolute. And now the earth shakes. When I walk, a buffalo walks. When I rest, a mountain rests."
Übersetzung:
"Meine Schritte sind entschlossen. Und nun bebt die Erde. Wenn ich gehe, dann geht ein Büffel. Wenn ich ruhe, dann ruht ein Berg."
Das nenne ich 'wie ein Berg stehen'. Ein Mensch, der die sich wandelnde Natur der Welt bewusst durchlebt hat und mit einem Geist klar wie Eis und mit genug Kraft, um die Fackel aus Chaos und Zweifel zu tragen, zurückkehrte. Mit immer tieferen Atemzügen. Tief lebend..
"Let me live deep while I live; let me know the rich juices of red meat and stinging wine on my palate, the hot embrace of white arms, the mad exultation of battle when the blue blades flame and crimson, and I am content. Let teachers and priests and philosophers brood over quetions of reality and illusion. I know this: If life is illusion, I am no less an illusion, and being thus, the illusion is real to me. I live, I burn with life, I love, I slay and am content."

"Lass mich tief leben, solange ich lebe; lass mich die satten Säfte von rotem Fleisch und brennendem Wein auf meinem Gaumen erfahren, die heiße Umarmung von weißen Armen, das wilde Hochgefühl des Kampfes wenn blaue Klingen flammen und sich hochrot färben, und ich bin erfüllt (zufrieden). Lass Lehrer und Priester und Philosophen brüten über Fragen über Realität und Illusion. Ich weiß dies: Wenn das Leben eine Illusion ist, dann bin ich ebenfalls eine Illusion, und da ich so bin, ist die Illustion echt für mich. Ich lebe, ich brenne voller Leben, ich liebe, ich kämpfe und bin erfüllt."
Dadurch, dass Conan hier sowohl dieselbe Klarheit und Direktheit in seinem Ausdruck zeigt wie Lin-Chi zu Beginn des Textes und ich die erwähnte Haltung in ihm auch noch physisch manifestiert sehe (in Conan, nicht in Arnold Schwarzenegger) steht Conan wie ein Berg und kann so als Metapher dafür stehen. Die Intensität und Kraft Conans verbunden mit einer Naturwahrnehmung, die die Schönheit und das Mysteriöse betont, wie es bei Thoreau der Fall war (mehr dazu hier), sollte eine gelungene Mischung ergeben. Aber dabei bleibt es nicht. Das hier ist kein Aufruf dazu, das eigene Zuhause zu verlassen und alleine in den Bergen zu wohnen. Vielmehr ist es eine Erinnerung daran, dass es dort draußen viel zu lernen gibt.
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