Pages

Tuesday, October 28, 2014

Harte Arbeit!

Dieser Artikel ist analog zum ersten Artikel über Trainings-Philosophie zu verstehen. Das heißt, es geht im wesentlichen um sehr ähnliche Ideen und Konzepte, jedoch dieses mal mit dem Fokus auf das Arbeiten und nicht auf das Training. Dazu Alan Watts:
"You are involved, buy in large, in a very strange business system which devides your day into work and play. Work is something that everybody does and you get paid for doing it, because nobody could care less about doing it. In other words, it is so abominable and boring that you get paid for doing it."

sinngemäß übersetzt:
"Die meisten von uns sind Teil eines sehr merkwürdigen Business-Systems, das jeden Tag aufteilt in Arbeit und "Spiel" (also Freizeit). Arbeiten ist etwas, das jeder tut und man wird dafür bezahlt, denn sonst würde es niemand tun und wäre jedem egal. In anderen Worten, Arbeiten ist so scheußlich und langweilig, dass man dafür bezahlt werden muss damit man es überhaupt macht."


Natürlich ist diese Definition von Alan Watts relativ übertrieben, aber trotzdem habe ich den Eindruck, das sie zumindest teilweise immernoch zu oft zutrifft. Der Punkt hier ist nicht, Arbeit, oder harte Arbeit generell als schlecht zu bezeichnen (natürlich nicht), sondern es soll um ein Verständnis von Arbeit und vor allem von "harter Arbeit" gehen, mit dem ich mich wirklich nicht anfreunden will und mich deswegen immer mehr damit beschäftigt habe:

"Wenn du nur hart genug arbeitest, wirst du irgendwann erfolgreich werden!" Klingt ja nicht schlecht. Trotzdem habe ich immer öfter den Eindruck, dass es dabei darum geht etwas "durchzustehen" und auszuhalten, um dann endlich irgendwann Erfolg (also Geld) zu haben. Das heißt, "hart arbeiten" heißt etwas tun, das man nicht leiden kann? 
Wenn ich irgendwo arbeiten würde und jeden Tag nach der Arbeit allen Leuten erzählen würde wie großartig die Arbeit ist und wie viel Spaß es mir macht jeden Tag dort zu arbeiten, dann würde niemand von mir sagen, dass ich hart arbeite. Selbst wenn ich jeden Tag 10 Stunden arbeiten würde. Würde ich aber meine Arbeit überhaupt nicht leiden können und mich jeden Tag dorthin schleppen und alles durchziehen, obwohl ich keine Lust habe, dann würde man sagen ich arbeite hart, oder?

Jetzt wird es aber allgemein als gut angesehen, also als eine gute Eigenschaft, wenn jemand hart arbeitet. Das heißt, der Satz: "Du hast sehr hart gearbeitet." ist ein Lob. Dadurch entsteht die Motivation, hart zu arbeiten. Denn wenn etwas in der Gesellschaft als gut angesehen wird, gibt es den Drang diesem Ideal zu entsprechen. So wird man dazu motiviert etwas zu tun auf das man überhaupt keine Lust hat und es kann sogar soweit gehen, dass man Arbeit für sich generell so definiert wie oben erwähnt, als etwas, das prinzipiell scheiße ist und damit kann ich mich nicht anfreunden. 

(Natürlich ist das nicht immer so und es ist mir auch klar, dass jeder zumindest ein bisschen Geld braucht und also auch mal etwas Arbeiten muss, das gar keinen Spaß macht. Es geht mir darum, bei einem Job zu bleiben, mit dem man wirklich unglücklich ist, weil man denkt Arbeit muss "hart" sein und keinen Spaß machen. Dagegen wende ich mich hier. Es kann gut sein, dass ich früher oder später  mal so etwas arbeiten muss, damit eben etwas Geld da ist. Nur will ich dort nicht bleiben. )

Wieso aber gilt diese harte Arbeit* als etwas Positives? Dazu Nietzsche:

*Wenn ich "harte Arbeit" schreibe, dann beziehe ich mich (zumindest in diesem Text) auf oben erklärtes Verständnis von harter Arbeit.


,, Bei der Verherrlichung der "Arbeit", [..] sehe ich denselben Hintergedanken, wie bei dem Lobe der gemeinnützigen unpersönlichen Handlungen: den der Furcht vor allem Individuellen. Im Grunde fühlt man jetzt, beim Anblick der Arbeit - man meint immer dabei jene harte Arbeitsamkeit von früh bis spät - daß eine solche Arbeit die beste Polizei ist, daß sie jeden im Zaume hält und die Entwickliung der Vernunft, der Begehrlichkeit, des Unabhängigkeitsgelüstes kräftig zu verhindern versteht. Denn sie verbraucht außerordentlich viel Nervenkraft und entzieht dieselbe dem Nachdenken, Grübeln, Träumen, Sorgen, Lieben, Hassen, sie stellt ein kleines Ziel immer ins Auge und gewährt leichte und regelmäßige Befriedigungen. So wird eine Gesellschaft, in welcher fortwährend hart gearbeitet wird, mehr Sicherheit haben: und die Sicherheit betet man jetzt als die oberste Gottheit an."
- F. Nietzsche in Morgenröthe

Eine Gesellschaft, in der immer hart gearbeitet wird, wird mehr Sicherheit haben? 


Wenn etwas sich immer gleich verhält wird es schnell vorhersehbar. Ist es vorhersehbar, so wird es nicht mehr als eine Bedrohung angesehen und wird schneller akzeptiert. Wenn sich allerdings etwas immer anders verhält, immer etwas neues tut, ist es nicht vorhersehbar und somit potenziell gefährlich. Wenn jeder den ganzen Tag hart arbeitet und schon den Eindruck hat, dass das auch so sein sollte, dann wird die Frage nach dem, was er wirklich gerne tun würde gar nicht erst gestellt. Das heißt, die eigene, individuelle Vorstellung von dem, was man gerne tun und arbeiten würde, wird nicht in die Tat umgesetzt und entsteht vielleicht gar nicht erst. Individuelle Vorstellungen und damit neue Ideen sind nicht vorhersehbar. Was nicht vorhersehbar ist, was anders ist, ist potenziell gefährlich, denn vielleicht entspricht es nicht der etablierten Ordnung. Wie oben angedeutet, Gleichförmigkeit schenkt Sicherheit zum Preis von Freiheit. Hier liegt die Motivation der Gesellschaft, die erwähnte harte Arbeit mit Lob zu belohnen und jemanden, der nicht auf diese Art hart arbeiten will, als faul und nutzlos zu bezeichnen. Denn neue Ideen und Lebensweisen stören die Ordnung und sind deswegen erstmal nicht gern gesehen (wohl aber nur die Ideen, die der Ordnung nicht entsprechen). Jede Störung einer Monotonie reduziert das Gefühl der Sicherheit. Entscheidet sich jemand einen anderen Weg als den konventionellen zu gehen, wird das als unsicher und eher Besorgnis-erregend empfunden. Vielleicht wird man auch deshalb gelobt, wenn man sich jeden Tag dazu zwingt etwas zu tun, das man nicht leiden kann. Diese Idee, dass man immer hart arbeiten sollte, um Erfolge in Form von Noten oder Geld zu erhalten spiegelt sich auch in der Struktur der Gesellschaft. Dazu das Video aus dem das Zitat zu Beginn des Artikels stammt:



Video von: the Journey of Purpose 
"The most dangerous risk of all: The risk of spending your life not doing what you want on the bet you can buy yourself the freedom to do it later."
  

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich von diesem Verständnis von harter Arbeit sehr wenig halte, auch wenn sie wohl manchmal zum Überleben notwendig ist. Die vielleicht interessantere Frage ist jetzt: Was will ich eigentlich wirklich arbeiten? Dazu nochmal Alan Watts:


What if money was no object?*


Video von Tragedy&Hope YouTube channel

1. "And after all, if you do really like what you're doing, it doesn't matter what it is, you can eventually become a master of it. The only way to become a master of something is to be really with it." 
sinngemäß: Im Endeffekt, wenn du das was du tust wirklich gerne machst, egal was es ist, dann kannst du es schließlich auch meistern. Der einzige Weg etwas zu meistern, ist wirklich voll dabei zu sein.
So wie man leistungsfähiger ist, wenn man das trainiert oder übt, was einem wirklich Spaß macht, so ist man viel effizienter wenn man das, was man arbeitet wirklich gerne macht. Angelehnt an die Idee von wu wei (die ich im ersten Artikel zu Trainings-Philosophie bereits erwähnt habe):

Dorthin zu gehen, wohin es einen zieht und das zu tun, was man wirklich will bedeutet mit sich und mit dem Lauf der Dinge zu gehen und sich nicht gegen sich selbst zu wenden. Geht man dahin, wogegen man sich eigentlich sträubt, muss man jeden Morgen wieder gegen sich kämpfen, um überhaupt aufzustehen. Wenn man so jeden Tag gegen sich arbeitet wird man niemals etwas so sehr meistern wie man es könnte, wenn man vollkommen dahinter steht. Natürlich gibt es Zeiten, in denen man sich auch mal zu etwas antreiben muss, aber der Schwerpunkt liegt darauf, dorthin zu gehen wohin es einen zieht.

Vielleicht ist es keine schlechte Idee, sich die Titel-Frage des Videos einmal selbst zu stellen: Was wenn es kein Geld gäbe? Wer weiß wo das hinführt. Das zu tun, was einem wirklich Spaß macht, was einen wirklich erfüllt, kann dem einen sehr leicht, dem anderen sehr schwer fallen. Der Versuch bleibt aber für alle möglich. Und vielleicht gibt es dann einen Platz für etwas, dass man harte Arbeit nennen kann. Wenn man gefunden hat was einen wirklich begeistert (egal, ob man damit auch Geld verdient oder nicht) und man alles dafür gibt und sich mit aller Kraft dieser Leidenschaft widmet, dann ist es das, was ich "harte Arbeit" nennen will.


*Anscheinend wurde die Tonspur wegen copyright-Gründen gesperrt. Deswegen hier eine Alternative, die fast genauso gut ist:

Video von: The Motivational Channel - Aspire to Inspire

No comments:

Post a Comment